Google Nexus One (Android 2.1, vodafone)

Geschrieben von (09.06.2010 00:00 CET)

Manche vermeintliche Erdbeben verhallen nahezu ungehört in größerer Entfernung vom Epizentrum. Als Google (als treibende Kraft hinter Android als mobilem Betriebssystem) ankündigte, mit dem Nexus One ein eigenes „Google-Handy“ auf den Markt zu bringen, war das Interesse groß. Es wurde erwartet, dass ob des Eigeninteresses, die Plattform mit begehrenswerter Hardware zu fördern, ein „Übergerät“ auf den Markt kommen würde.

Nun stellte sich schnell heraus, dass „Google-Handy“ beim  gleichzusetzen war mit „HTC-Handy mit Google-Aufdruck“, und ganz nebenbei variierte HTC das Nexus One ein wenig und brachte mit dem HTC Desire weltweit ein sehr ähnliches Gerät auf den Markt.

Google selbst zielte in den ersten Monaten allein auf den nordamerikanischen Markt, erst im Mai 2010 wurde das Nexus One auch in Europa (in Kooperation mit vodafone) aufgelegt und vertrieben.

HTC Desire und Google Nexus One unterscheiden sich nur in wenigen Bereichen: Zum einen hat HTC dem Desire einen optischen Joystick mitgegeben, also eine Sensorfläche, die beim Drüberstreichen die Bewegung erkennt und umsetzt. Das Nexus One hat an der selben Stelle einen Trackball (wie er beispielsweise beim HTC Hero verwendet wurde). Auf Grund der durchgängigen Fingerbedienbarkeit von Android macht dies in der Anwendung wenig Unterschied.

Ein subjektiver, aber deutlich sichtbarer Faktor ist der Verzicht auf Hardwaretasten: Beim Desire sind die Menü-, Hauptmenü-, Zurück- und Suchen-Taste tatsächliche Tasten, die gedrückt werden.

Beim Nexus One integrieren sich diese Tasten in den Displaybereich und werden durch reine Berührung ausgelöst. Subjektiv: Deutlich schöner, das Gehäuse des Gerätes gewinnt dadurch.

Der sicherlich schwerwiegendste Unterschied ist die Tatsache, dass das Nexus One ein „pures Android-Gerät“ ist. Während HTC bei all seinen eigenen Geräten die HTC-Sense-Oberfläche verwendet, die die Bedienung des Gerätes über die Betriebssystemgrenzen hinaus vereinheitlicht (Windows Mobile, Android, das HTC-eigene Betriebssystem des HTC Smart) nutzt das Nexus One alleine die Möglichkeiten, die Android nativ bietet.

Nun scheiden sich die Geister: die einen sind mittlerweile satt davon, immer die gleiche Oberfläche zu verwenden, und freuen sich daran, dass Android ähnliche Funktionen bietet. Klare Vorteile liegen auf der Hand: zum einen wird das Nexus One als erstes Gerät ein Update auf Froyo (Android 2.2) bekommen, denn es ist direkt von der Quelle Google beschickbar, ein Update muss keine weitere Qualitätssicherung von einem Zweithersteller durchlaufen. Zum anderen wird kein einziger Taktzyklus des Prozessors mit der Ansteuerung einer Benutzeroberfläche (die ja am Ende nichts anderes als ein Programm ist) verschwendet. Auch wenn das HTC Desire sehr flüssig und stabil läuft, das Nexus One ist noch einen kleinen Tick schneller.

Nun wird der andere Teil der Anwender sagen, dass Android ohne Sense sehr spartanisch ist. Auf die GUI bezogen kann man darüber sicherlich trefflich streiten, aber HTC Sense besteht eben nicht nur aus der Oberfläche. Und genau an der Stelle muss man sich darüber im Klaren sein, dass lieb gewonnene Funktionen einfach fehlen. Hart getroffen wird der Anwender eines Exchange-Servers: Android 2.1 unterstützt immer noch nicht den Abgleich mit den Exchange-Kalendern (Mail und Kontakte sind unproblematisch). HTC hat aus diesem Grunde bei den eigenen Geräten den „HTC Kalender“ hinzugefügt. Prinzipiell sollte dies kein Problem sein, denn mit Roadsync existiert eine zwar kostenpflichtige, nichts desto Trotz aber funktionale Alternative... auf dem Nexus One zum Zeitpunkt dieses Tests aber leider nur 14 Tage lang. So lange geht nämlich der Testzeitraum, eine Registrierung scheitert daran, dass die über den Android Market zu beziehende Lizenzdatei nicht gefunden wird (dies liegt angeblich daran, dass Google anhand der Geräteidentifikation kauffähige Software zuordnet, und das deutsche Nexus One noch nicht gefunden wird).

Ebenfalls verzichten muss man auf eine E-Mail-Signatur für das Exchange-Mailkonto, etc. In der Summe sind viele dieser Themen nur temporär problematisch: Google hat bereits an ausgewählte Journalisten-Geräte ein Update auf Android 2.2 ausgerollt, und viele der Mängel werden damit behoben. Diese Unterschiede ausgenommen sind das HTC Desire und das Nexus One gleich zu bewerten:

Das absolute Argument für das Nexus One ist das Display. Die WVGA-Auflösung von 800*480 Bildpunkten ist signifikant höher als beim HTC Legend (und auch dem allseits als Vergleich herangezogenen iPhone 2G/3G/3GS) und durch die Verwendung eines AMOLED-Bildschirms schafft es HTC, unangefochten den Thron der Displays von mobilen Geräten zu erklimmen. Ich habe schon viele unterschiedliche Geräte verwendet, aktuelle Bestseller wie der HTC HD2 haben ebenfalls sehr gute Displays, aber keines reicht auch nur annähernd an das des Desire heran. Klar, kontrastreich, scharf,  egal bei welchen Inhalt: Er wirkt wie ein Foto. Natürlich: AMOLED ist – im Gegensatz zu re- oder transflektiven Displays in prallem Sonnenlicht im Nachteil, allerdings immer noch so gut, dass man die wichtigsten Informationen erkennen kann. In normalen Lichtverhältnissen aber wird man nach einer Zeit AMOLED nichts anderes mehr wollen!

Die Kombination aus dem kapazitiven Display und der Geschwindigkeit der Android-Oberfläche machen das Navigieren zu einer wahren Wonne: Da ruckelt nichts, Bilder und Webseiten werden per Multitouch butterweich vergrößert und verkleinert, und das Wischen mit dem Finger durch Menüs und die Applikationen ist so verzögerungsfrei, dass es so scheint, als würde man das Gerät gar nicht berühren.

Auch hier ist der Vergleich vom HTC HD2 wieder naheliegend: Das Nexus One ist ein wenig kleiner von den Ausmassen, und bewegt sich damit ein wenig mehr in den Bereichen, die normale Anwender noch mit einer Hand bedienen können. Klagte der eine oder andere HD2-Benutzer noch darüber, dass er beispielsweise den „Schliessen“-Button oben rechts im Display nicht mit der das Gerät haltenden Hand erreichen konnte, ist dies beim Nexus One kein Problem (wobei Android auch keinen „Schliessen“-Button oben rechts im Display hat... J). Dies liegt vor allem daran, dass es „nur“ ein 3.7-Zoll Display (im Gegensatz zu 4.3 Zoll beim HD2) verwendet.

Das Gehäuse des Nexus One ist sicherlich ein Stück weit gewöhnungbedürftig: die Mischung aus Metall (das wider der Bezeichnung eher rosa als braun wirkt), die gummierte Batterieabdeckung und Tastenumrandung und die eingesetzen Hardwaretasten erzeugen nicht den Wow!-Effekt wie es das HTC Legend schafft, sind aber im täglichen Betrieb unauffällig... soll heissen: Man bekommt das Gefühl eines wertigen Gerätes, auch wenn das Design beim Betrachten des Gerätes alles andere als außergewöhnlich ist.

Weg vom Äußeren: Wie im wahren Leben zählen natürlich auch die inneren Werte, aber auch die können sich sehen lassen: Kern des Nexus One ist ein 1GHz Snapdragon-Prozessor... im Gegensatz beispielsweise zum HTC Legend mit seinem 600 MHz Qualcomm-Prozessor.. Dank 512 MB RAM, 384 MB ROM und microSD-Speicherkartenslot steht genügend Speicher zur Verfügung, um auch anspruchsvolle Anwendungen laufen zu lassen. Der Navigon Mobile Navigator für Android beispielsweise läuft ruckelfrei und auch in eng besiedelten (und damit mit Straßennamen, POIs und Symbolen eng gespickten) Gegenden butterweich.

Einen Vorteil hat der 1GHz-Prozessor des Nexus One im Vergleich zu den 600MHz des HTC Legend: Android 2.1 unterstützt das erste Mal animierte Hintergründe, auf die Aktivierung dieser Funktionalität hatte man beim Legend noch verzichtet. Ob dies nun eine wichtige Neuerung ist oder nicht, da mag man nun geteilter Meinung sein. Fest steht aber: Die absolut flüssige Bewegung der Kugeln im Hintergrund ist ein Hingucker, zumal sie sehr dezent ist und durch das klare Display einfach nur schick aussieht.

Preis:

EUR 489,90 ohne Vertrag bei vodafone, Pakete mit Vertrag erhältlich

Fazit:

Es kommt immer wieder der Begriff des „iPhone-Killers“ auf, die Frage, ob ein Gerät das iPhone von Haptik, Bedienung und Gesamteindruck übertreffen kann. Keine Frage: Ja. Das Nexus One ist besser ausgestattet, funktionaler und bedienbarer als das Apple-Phone. Nur ist dies schon lange kein Alleinstellungsmerkmal mehr: Der HTC HD2 beispielsweise hat als erstes Windows Mobile-Gerät auf breiter Front auch von iPhone-Begeisterten dieses Prädikat erhalten. Und genau hier werden sich die Geister auch beim Nexus One scheiden:

Android ist und bleibt ein gewöhnungsbedürftiges System, dem viel der intuitiven Bedienung und Funktionalität von Windows Mobile fehlt (zumindest demjenigen, der Windows Mobile-Geräte genutzt hat) und das durch seine Abschottung einfach Einschränkungen aufweist. Ein MS Office-Dokument bearbeiten beispielsweise ist nicht möglich, die beiliegende Applikation „Quickoffice“ kann nur Standard-Dateitypen lesen und darstellen, nicht aber verändern. Dies trifft aber eher den Poweruser und nicht den reinen Anwender, in sofern ist der vermeintliche Nachteil sehr relativ.

Unterm Strich aber ist das Nexus One vor allem wegen seines unerreichten Displays ein Telefon, an dem man Spass hat und das im Consumer-Bereich ohne Frage zu Recht Erfolg haben wird. Durch die Tatsache, dass vodafone als Vertriebspartner darauf verzichtet hat, dem Gerät ein wie auch immer geartetes Branding zu verpassen, und durch die Sensortasten ist das Design dem Konkurrenten von HTC gar überlegen.

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