Der Hobbit in 3D und HFR

Eines der ambitioniertesten Filmprojekte der letzten Jahre: Die Verfilmung der Vorgeschichte zu Tolkiens „Herr der Ringe“, „Der Kleine Hobbit“. Ambitioniert deshalb, weil es ein jahrelanges Gezerre um Stoff, Regisseur und Finanzierung gab. Nicht zuletzt aber auch, weil Peter Jackson es geschafft hat, ein Buch mit einem Drittel des Umfanges des Herrn der Ringe auf drei überlange Filme zu verteilen. Und das noch in 3D und in ausgewählten Kinos gar in HFR (Higher Frame Rate, also mit doppelter Zahl Bilder pro Sekunde).

Große Erwartungen also, die gestern dann den Realitätscheck bestehen mussten. Vorsicht: enthält den einen oder anderen Spoiler!

Vorab: Man sollte sich frei machen von der Erwartung, einen Herr der Ringe-Film zu sehen. Jackson hat dem Kinderbuch-Hintergrund der Vorlage Rechnung getragen, indem er viele der Figuren überzeichnet. So ist der junge Bilbo ein gutmütiger, liebenswerter Trottel, Radagast der Braune ein vogelfäkalienbesudelter Wirrkopf, selbst Gandalf mutiert zum Standup-Comedian. Aber, und das sei auch gesagt, Jackson kennt genau das rechte Maß. So wirken die Charaktere nie lächerlich, sondern wunderlich, aber liebenswert. Die gesamte erste Hälfte des Films erinnert mehr an Alice im Wunderland als an ein Mittelerde-Abenteuer, aber in der Summe geht die Rechnung auf.

Die zweite Hälfte des Films ist dann Her der Ringe reloaded: epische Schlachten, düstere, feuerbeleuchtete Höhlen, widrige Naturgewalten und weite Landschaften. Aber auch durch diese Handlungsstränge zieht sich der leise Humor, ohne den Film ins Lächerliche zu ziehen.

Jackson hat viel Kritik einstecken müssen dafür, dass er den relativ schmalbrüstigen Stoff erst auf zwei, dann sogar auf drei Filme gestreckt hat. Der Anfang mit dem Zwergengelage in Bilbos Haus streckt sich dann auch quälend über gute 20 Minuten und fordert dem Zuschauer Durchhaltevermögen ab, auch der Schluss zieht sich viel zu lange hin. Auch hier gilt wieder: was in einzelnen Szenen stört, dient dem Film im Ganzen: Jackson hat alle Zeit der Welt, die Figuren zu entwickeln: Bilbo, der vom verzagten Trottel zum verschmitzten Helden avanciert, Thorin vom düsteren Denker (fast) zum Sympathen, und Gandalf… dem das Gesicht einfach immer leuchtet.

Zur Technik: Natürlich musste ich das Kino nehmen, in dem die HFR-Version gezeigt wurde. Mehr Bilder pro Sekunde können ja nur gut sein, zumindest war das meine Erwartungshaltung. Der Effekt allerdings war ein anderer: So scharf das Bild auch dadurch wird, gerade bei den schnellen Bewegungen und Schnitten, so unnatürlich wirkt es auch, und offensichtlich strengt es die Augen mehr an, als es sie entlastet. Die Konsequenz: Kopfschmerzen und tränende Augen.

Auch 3D ist beim hobbit ein vernachlässigbarer Faktor. Vorweg: Ich bin 3D-Fan, Avatar ist für mich einer der eindrucksvollsten Filme der Neuzeit, und ich konsumiere auch meine blu-Rays in 3D, soweit sie vorhanden sind. Beim Hobbit allerdings kommen zwei Faktoren zusammen: Zum einen sind die Schnitte so schnell, dass der Zuschauer gar keine Chance hat,  die räumliche Wirkung  aktiv wahrzunehmen. Zum anderen ist in den „langsamen Szenen“ meist der Fokus auf dem Objekt oder der Person im Hintergrund, damit das dreidimensionale Objekt häufig unscharf.

In der Summe also eine gelungene Umsetzung, der ein wenig Straffung der Geschichte gut zu Gesicht gestanden hätte. Als Zuschauer braucht man Sitzfleisch, das sich am Ende aber amortisiert. HFR ist meiner Meinung nach eher kontraproduktiv, 3D nicht unbedingt nötig für den Genuss des Hobbits.

Kleine Notiz am Rande: Seit gestern weiß ich wieder, warum ich lieber abwarte, bis ein Film auf blu-Ray draußen ist und diesen dann im Kinokeller genieße. Da haben die Surround-Lautsprecher wenigstens keine Störsignale…. Die ewig sabbelnde Braindead-Gang hinter uns war neben ihrer Nervigkeit allerdings manchmal zum Platzen lustig. Beispiele gefällig?

„Boah, knall die Alte doch!“ (als Gandalf und Galadriel in innigem Gespräch stehen).
„Is voll schwul, ey!“ (als Herr Elrond vom Pferde springt)
„Habsch zuhause auch. Voll Moschn plus. 200 Hetz“. (Im Zusammenhang mit der Higher Frame Rate (HFR) und der Schärfe des Bildes. Hier musste ich erst überlegen und verstehen, dass „Moschn“ nicht ein moderner Musiktanz sein sollte).
„Bisch Du behindat, Alta. Hast 3G ausgemacht!“ (über die schlechte Netzverbindung im Kino und der daraus resultierenden Facebook-Auszeit)
„Boah, voll mongo!“ (Andy Serkis wird’s ihm nicht danken, der Gollum ist gut wie immer)
Bitte, Cinemaxx: Beim nächsten Mal markiert die Reihen mit bildungsfernen Schichten mit gleichzeitigem Migrationshintergrund im Saalplan, dass ich besser planen kann… ;-)

Dieser Beitrag wurde geschrieben von am Freitag, 21. Dezember 2012 um 08:00 und eingeordnet unter Blog , Rock and Roll , Spitze Zunge .

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