Der sterbende Schwan: HP und Windows Mobile

Man darf eigentlich nicht darüber nachdenken. Vor Urzeiten, ich meine mich zu erinnern, dass es Ende 1999 war, schickte sich eine Firma namens Compaq an, mit dem ersten iPAQ die Welt der mobilen Geräte mit Windows-Betriebssystem zu revolutionieren. Was wurden sie belächelt: Im Babel-gleichen Prozessorwirrwarr rund um SH3- und MIPS-Prozessoren und deren Anforderung an eigene Programmversionen wagte man sich, noch eine Variante, "StrongARM" genannt, auf den Markt zu werfen. Schallendes Gelächter allüberall... auch wenn dies schnell erstarb: Microsoft wählte die Konfiguration des iPAQs (Speicheraufteilung, Flash-ROM, StrongARM-Prozessor) kurzehand zum Standard für folgende Versionen des Betriebssystems und alle anderen mussten sich fügenfolgten willig.

Wer in der Historie stöbern mag: Der älteste Testbericht, den ich auf meiner World of PPC noch finden kann, ist der hier). Hach... was waren das noch Zeiten... Aufbruchstimmung, echte Innovation, Mut, gegen den Strom zu schwimmen.. wöchentlicher Kontakt mit der Hotline und Reklamationen von Hardwareausfällen ... :-D

In der Folge etablierte sich Compaq als Vorreiter und Marktführer des noch jungen Pocket PC-Marktes. Geräte wie der iPAQ 5450 (das erste Gerät mit biometrischem Scanner, WLAN und Bluetooth) sind noch heute Meilensteine der Mobilität. Was wenige wissen: HTC, heutiger Quasi-Monopolist für Windows Mobile-Hardware, entstand aus den Entwicklern der ersten iPAQs, die die Zeichen der Zeit erkannten und sich selbständig machten.

Irgendwann dann der Merger mit Hewlett Packard und für den geneigten Fachbetrachter eine klare Aussage: Irgendwie war HP nie so recht gewillt, sich mit dem Thema der "ich bin so klein, doch will ich ein PC sein"-Geräte zu beschäftigen. Auch wenn weitere HP iPAQs den Markt sahen, bis auf den iPAQ hx4700 war der Innovationsfaktor nicht mehr vergleichbar mit Compaq-Zeiten. Da mag zum einen auch daran gelegen haben, dass man sich zusammenrütteln musste, und irgendwie die HP Jornada- und die Compaq iPAQ-Reihe konsolidiert bekommen wollte, auf der anderen Seite war auch die Besetzung eines dedizierten Produktmanagements lange ein Thema.

Ein Beispiel: Kurz vor dem Marktstart des iPAQ 5450 bin ich nach einem kurzen Gespräch und telefonischer Ankündigung bei HP reingestapst, habe mich mit der damaligen Produktmanagerin (Hallo, Ute! :-) ) zusammengesetzt und gefachsimpelt. Fehlende Fakten für meinen Artikel waren schnell gemeinsam gefunden, und man merkte deutlich die Begeisterung für das Produkt. Auch ihr Nachfolger (dessen Weggang zu einem grossen deutschen Carrier später für mich die deutlichste Cäsur war) hatte dieses Schimmern in den Augen, wenn er ein neues Produkt zeigte.

<Schnipp>Zwei Jahre später: Die Kontaktdaten der neuen Ansprechparterin hatte er mir noch gegeben... nur: Ich bekam sie nicht. Telefonisch schwierig, per Mail zäh, irgendwann nach zwei Verschiebungen ein erstes Gespträch... und das Bewusstsein, dass das wohl auch das letzte war: "Wann kommt denn das Windows Mobile 6-Update für den hx4700?" "Was für ein Update? Für welches Gerät?!". Ah, ja.

Das Thema "iPAQs mit Telefon" war schon immer ein spannendes: Erst wurde nach dem Erfolg der ersten MDAs ein altes Referenzdesign vorgekramt (der HP Jornada 928) und wieder eingestampft, dann kündigte man gross den iPAQ 5650 an und stampfte ihn ebenfalls ein... und dann der erste "echte" Telefon-PDA: Der iPAQ 6340. Funktional zwar, aber von den Features her hinter seinen Konkurrenten (vor allem, weil er plötzlich kein serielles Zubehör verwenden konnte, was zu Zeiten vor Bluetooth ein NoGo für die Navigation war!)... und auch danach wurde es nicht innovativer.

Ende vergangenen Jahres dann ein Aufhorchen: HP kündigte gleich vier (!) neue Modelle an, davon zwei mit integriertem Telefon. Und wer sich den iPAQ 614 und den iPAQ 914 vom Design und den Leistungsdaten her betrachtete, der wähnte sich endlich in der Aussicht auf eine Alternative zum HTC-PDA-Einerlei.

Tja... wähnen heisst, so lernt man im Zusammenhang mit HP, eher weinen. Als hätte man es bei den (fast schon gewohnten) Termin-Verschiebungen nicht schon geahnt: Zumindest der iPAQ 614 wird wohl das Licht der "echten Welt" nicht mehr sehen: sich stark verdichtenden Aussagen nach hat HP die Kooperation mit dem Hersteller Inventec Appliances eingefroren und einen US-Marktstart abgesagt, weil die Geräte die internen Tests bei HP nicht bestanden haben. Aussagen über andere Märkte gibt es gar gar nicht mehr.

Ich persönlich finde es tragisch und mag der Häme einiger Kollegen nicht wirklich zustimmen: Da hat HP sich nun durchgerungen, wieder zu alter Form zurückzufinden, und wirft sich selbst mit der Partnerauswahl den virtuellen Knüppel zwischen die geschundenen Beine. Der Markt wirds überleben, HTC ein weiteres Rekordquartal nach dem anderen verbuchen und der "gemeine Kunde" wahrscheinlich gar nichts davon mitbekommen. Nach dem Ausstieg von Dell und der anhaltenden Erfolglosigkeit von Toshiba im Windows-Mobile-Markt erkommt damit aber der letzte der klassischen Computerhersteller quasi zur Lachnummer... und das ist schade! :-(

Dieser Beitrag wurde geschrieben von am Donnerstag, 6. März 2008 um 14:25 und eingeordnet unter Blog , Windows Mobile , Windows Phone .

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